Kino ohne Talent
roman

Das Grauen der Tiefe: Kapitel XXVII

09.09.2010 - 12:42 von Redaktion

Als Edgar Feierabend hatte, rief er Lili an und verkündete ihr die frohe Botschaft, dass er nun Mitglied der Kripo sei und somit im Dienstgrad und Besoldung aufgestiegen.
"Uhh, einen Kommissar hatte ich noch nie."
"Wollen wir zur Feier des Tages Essen gehen?", fragte Edgar
"Auja, lass uns ins Chéz Rie gehen, das gerade am Potsdamer Platz aufgemacht hat. Die sollen da erstklassige preußische Küche haben. Das beste Kommißbrot in der Stadt und eine superbe Auswahl an exzellenten Eintöpfen. Dazu noch Kellner in original preußischen Uniformen."
"Klingt großartig", sagte Edgar, "Wann wollen wir uns treffen?"
"Wie wäre es mit sofort?"
"Und wo?"
"Holst du mich ab? Ich war heute bei der Gymnastik und will mich noch frisch machen und das Näschen pudern."
"Einverstanden, ich brauche eine dreiviertel Stunde von hier bis zu dir."
"Ach, so lange, wo bist denn? Du fehlst mir."
"Ja, ich bin noch im Präsidium, aber ich beeile mich."
Um sieben stand Edgar vor Lilis Tür und klingelte.
"Gleich Schatz, ich komme gleich zu dir", trällerte sie durch die Wechselsprechanlage.
Als sie unten aus der Haustür trat, warf sie sich Edgar sofort um den Hals und küsste ihn. Sie gingen zur Straße, stiegen ins wartende Taxi und fuhren los. Eine dreiviertel Stunde später erreichten sie den Potsdamer Platz und betraten das 'Chéz Rie'. Am Eingang stand der Oberkellner, gekleidet wie Friedrich II.
"Guten Abend", begrüßte er sie.
"Ein Tisch für Zwei", sagte Edgar
"Haben Sie reserviert?"
"Ja auf Buskowski", antwortete Lili.
"Der Gefreite wird Sie zu ihrem Tisch eskortieren. Meyer, Antreten!", brüllte der Oberkellner.
Ein Kellner, gekleidet in die Uniform eines preußischen Infanteristen, kam zu ihnen, nahm Haltung an und knallte die Hacken zusammen.
"Würden se mir bitte foljen?", bat er sie unterwürfig.
Als sie am Tisch saßen fragte der Kellner: "Sie wünschen?"
"Die Karte, bitte", sagte Edgar.
"Ham wa nich"
"Wie. Sie haben keine Karte?", fragte Edgar
"Sie befinden sich im Feldlager des 11. Infanterieregiments Seiner königlichen Majestät."
"Was haben sie denn so im Angebot?", fragte Lili.
"Eintopf", antwortete der Kellner entnervt.
"Das klingt aufregend. Was haben sie denn für einen Eintopf?", fragte Lili.
Der Kellner verdreht die Augen.
"Kartoffeleintopf, Rübeneintopf, Linseneintopf, Erbseneintopf, Bohneneintopf, Krauteintopf und Kohleintopf."
"Schatz, sie haben einen nach Helmut Kohl benannten Eintopf. Ist das nicht großartig?"
Der Gefreite Meyer verdrehte die Augen und wünschte sich, einer seiner Vorfahren wäre einen schrecklichen und grausamen Tod im einem der vielen preußischen Kriege gestorben, damit er nicht geboren worden wäre und diese Zurschaustellung von Blödheit ertragen müsste.
"Haben sie nicht noch etwas anderes im Angebot?", fragte Edgar mürrisch.
"Ja ham wa. Kleie, Haferschleim, Kommissbrot, Gerstengrütze und Rübenmarmelade."
"Klingt ja scheußlich."
"Dit können se laut sagen, Schweinefraß ist dit. Lieber tot als nur Schrot."
"Also, ich nehme dann den Hemut-Kohl-Eintopf", sagte Lili
"Hach, ich nehme ein Kommissbrot", seufzte Edgar.
Kurze Zeit später kam der Gefreite zurück und servierte das Essen. Edgar kaute lustlos an seinem Kommissbrot herum, während Lili sich euphorisch über ihren schlammig-grauen Kohleintopf her machte und davon schwärmte, wie unglaublich delikat er doch sei.
Plötzlich tauchte eine schwarz vermummte Gestalt vor dem Restaurant auf und warf einen Stein auf die Scheibe. Edgar reagiert reflexartig und zog Lili von ihrem Stuhl und warf sich zwischen sie und den anfliegenden Stein. Mit einem dumpfen Geräusch prallte der Stein an der Plexiglasscheibe ab und traf den Werfer an der Schulter, der daraufhin floh. Einer der Kellner in der Näher Tür rannte raus, um den Vandalen festzuhalten, doch er kam zu spät. Edgar folgte ihm und sah sich den Stein genauer an. Lili kam dazu und schaute Edgar über die Schulter.
"Der Stein ist in ein Blatt Papier eingewickelt", sagte Edgar.
"Na das ist doch klar, damit er nicht schmutzig wird", erklärte Lili, "Wer will sich denn schon an so einem ollen Stein die Hände schmutzig machen."
Der daneben stehende Kellner verdreht erneut die Augen.
Edgar las vor: "Haut die Bullen platt wie Stullen!
Wir kriegen euch Alle!
Ganz Berlin hasst die Polizei!
Wir, die Kampagne WKEA, erklären hiermit der Berliner Stadtregierung den Krieg. Wenn sich die Berliner Stadtregierung nicht bis Ende dieser Woche auflöst, werden weitere Abgeordnete sterben müssen. Entweder, ihr löst euch auf oder wir lösen euch auf. Lang lebe die wundervolle Welt des Widerstands!"
"Was soll das sein?", fragte er sich laut.
"Na dit iss doch klar Keule, dit iss nen Bekennerschreiben."
"Das muss unbedingt zu Hauptkommissar Schmidt. Wir wissen jetzt, mit wem wir es zu tun haben."