Kino ohne Talent
roman

Das Grauen der Tiefe: Kapitel III

09.09.2010 - 12:42 von Redaktion

Das Chéz Guevara lag im Erdgeschoss eines hinter zentimeterdicken Stahlplatten geschützten Wohnhauses. Der Schutz war nötig, da sich in der Gegend allerlei Verrückte rumtrieben. Es wurde von einem alten Anarchisten gegründet, der immer mit schwarzem Vollbart und Barett rumrannte und deswegen Che Guevara genannt wurde, wie der alte kommunistische Feldherr aus Kuba. Zuerst war es nur ein Schutzraum für Gleichgesinnte. Doch bald bemerkte man, dass man beim Warten Durst bekommt. So wurde aus dem Schutzraum mit der Zeit ein Schankraum. Im Gegensatz zu anderen Kneipen, die den jeweiligen Kollektiven auch als Ausgangsbasis für diverse offensive Aktionen dienten, war hier Konsens, dass vom Chéz Guevara nichts ausging - außer schlechter Musik und Gegröle.

Was Kette sah, gab seinem Magen endgültig den Rest. Er kotze sich hemmungslos auf die Schuhe. Als er fertig war, setzte er sich auf die Stufen vor der Tür, nahm eine Portion Kautabak und dachte nach.
Das Chéz Guevara war von der Roten Armee überfallen worden. Diese hatte alle abgeschlachtet, die sie erwischen konnte. Lediglich ihn nicht, da er besoffen unterm Tisch pennte. Vor der Treppe lagen die Leichen von zwei zerrissenen Straight Edgern. Sie hatten ihm immer wieder erzählt, dass der Alkohol ihn eines Tages umbringen würde. Vielleicht irgendwann, doch heute Nacht hatte er ihm das Leben gerettet.
Die Rote Armee nannte sich nicht wirklich Rote Armee, sondern "R.S.K. - Radikale Stahlinistische Kampfgruppe". Unter der Führung ihres 1. Parteisekretärs Maximuss Damagius, ein ehemaliger stalinistischer Rapper, hatte sie sich aufgemacht, die Feinde der Arbeiterklasse auszulöschen. Der Feind der Arbeiterklasse war ganz einfach jeder oder jede, die nicht ihre Ansichten teilten, also ziemlich alle anderen. Wenn die R.S.K auf die schwarzen Wölfe traf, gab es immer ein Riesenspektakel. Die schwarzen Wölfe waren neofaschistische Wirrköpfe, die sich dem Kampf gegen das Weltjudentum und der Befreiung der Nordischen Rasse aus der Knechtschaft des Kommunismus verschrieben hatten.
Kette dachte nach, was jetzt zu tun war. Erstmal den Verstorbenen die letzte Ehre erweisen und dafür sorgen, dass ihre Habseligkeiten, sofern sie noch nützlich waren, vor dem Verfall bewahrt wurden. Er räumte den Toten die Taschen aus. 'Die haben ja eh nix mehr davon.', dachte er sich. Am Ende saß er mit insgesamt 150 Gramm Gras, 10g Speed und 5g Koks sowie diversen Messern, Pfeffersprays und nietenverzierten Accessoires da. "Ick muss zu Thul", sagte er leise zu sich.