Das Grauen der Tiefe: Kapitel XXXII
09.09.2010 - 12:42 von RedaktionAm nächsten Morgen betrat Edgar pünktlich um neun Uhr das Büro. Hauptkommissar Schmidt saß bereit an seinem Tisch und studierte eine Akte.
"Guten Morgen Herr Hauptkommissar", sagte Edgar.
"Morjen, schön das de ooch da bist. Jrade is da Bericht zum Jiftanschlag vonna Spurensicherung jekommen."
"Und was haben Sie gefunden?"
"Spurn von Aconitin im Tee, 'nem ziemlich interessanten Stoff."
"Was soll an diesem Stoff so interessant sein?"
"Naja, alleen die Beschaffung is scheiße schwierig. Und dann erst die richtije Portionierung, da brauchste fast'n Apothekerausbildung. Dit iss eijentlich nen Pflanzenjift."
"Ja und? Nun rücken Sie doch schon raus mit der Sprache!"
"Na ja, eene Gruppierung, die drei Abgeordnete umnietet, die sich dann plötzlich zu blöde anstellt, eenen weiteren um die Ecke zu bringen und ne Scheibe einzuwerfen. Wo kommt plötzlich diese brandjefährliche Inkompetenz her?"
"Sie meinen hinter der Attentatsreihe steckt jemand völlig anderes? Sie meinen, dass wir bisher in die Irre geführt wurden?"
"Janz jenau, du hast dit erfasst. Die Fraje iss, wer steckt dahinta und will uns am Riechzinken rumschleif'n? Also, nu zu den drei wichticksten Frajen in solchen Fällen: 'Wer hat die Jelegenheit dazu? Wer hat die Mittel dazu? Wer zieht'n größten Nutzen aus da Sache?"
"Und an wen denken Sie da?"
"Ick hab nicht die jeringste Ahnung, wer dit sein könnte. Fassen wa zusamm', dit erste Opfa wird höchstwahrscheinlich mit ner Polizeiknarre umjenietet. Dit zweete Opfa muss durch ne Überdosis Pflanzenjift dran glooben. Eens muss ick den Tätan lassen, se haben nen ziemlich kranken Sinn für Ironie."
"Warum?"
"Naja, dit erste Opfa war nen krassa Pazifist. Keene Jewalt und so, und dit zweete Opfa war eener von der Jrünen, sonen Ökologika. Keene Pestizide, Marienkäfer jejen Blattläuse, bloß keene Chemie, um Himmelswillen. 'Die Pflanzen sind unsere Freunde', Bäume umarmen und so weiter. Und nu wurda durch ne Pflanze jekillt. Aba zurück zum Thema. Schusswaffen und dit Jift bekommt man in Berlin so jut wie jarnich. Fürn Umjang mit Eisenhut broochste de höchste Sicherheitsklassifizierung und musst ne Botanikertätigkeit nachweesen. Und an die Knarre kommste höchstens als Polizeibeamter ran."
"Dann müssen wir doch nur die Mitarbeiterkartei der Polizei abgleichen, ob darunter ehemalige Gärtner sind."
"Dit halte ick für wenija sinnvoll."
"Warum?"
"Weilet zu offensichtlich iss. Und seit der Aktion mit dem Stein und der Scheibe mache ick in diesm Fall nen jroßen Bojen um die allzu offensichtlichen Sachen."
"Dann halt alle Mitarbeiter, die Kontakte zu Gärtnern oder Botanikern unterhalten."
"Ahh, du kommst da Sache schon näha. Ick sehe, dit de nich nur unnütze Platz- und Luftvaschwendung bist. Jut, na dann mal ab ins Archiv."
"Ich gebe unsere Ergebnisse an den Großkommandanten weiter, damit er beruhigt ist und sieht, das wir Fortschritte machen."
"Ja ja, mach dit."
Als Edgar den Raum verlassen hatte, sagte der Hauptkommissar zu sich selbst: "Speichellecker."
Eine Viertelstunde später erreichten Edgar und Hauptkommissar Schmidt das Zentrale Polizeiarchiv. Sie betraten den Eingangsbereich des Archivs und gingen zu den Mitarbeiterverzeichnissen.
"Berta, meen Lichtstrahl in finstastas Nacht, du hier und nich in Hollywood?"
"Mensch, Alfred, lange nicht gesehen und trotzdem wiedererkannt."
"Du musst uns ma helfen. Wir benötigen nen paar Daten aus deinem unermesslichen Wissensschatz."
"Aber immer doch. Kann aber länger dauern"
"Wir broochen doch nur nen paar Mitarbeiterakten."
"Gibts nicht, das Computersystem ist ausgefallen."
"Na, wattn Zufall", sagte Schmidt resigniert
"Sie sehen da einen Zusammenhang?", fragte Edgar.
"Du etwa nich?"
"Nein, wieso denn auch?"
Er wandte sich an die Archivarin: "Berta, meen Sonn'schein, wann iss den euer superdupertolles System abjeschmiert?"
"Ach Alfred, du alter Chameur, vor ungefähr zehn Minuten."
"Was soll der Zeitpunkt und die Tatsache des Systemabsturzes mit unseren Ermittlungen zu tun haben, Herr Hauptkommissar?"
"Dit behindert unsare Ermittelungen enorm, meen Kleener. Weil wa dit jezze uff die alte, die harte Tour machen. Gloob mir, dit wird dir nich jefallen."
"Uhh, ich mag's altmodisch und hart", präsentierte sich die Archivarin mit durchgestrecktem Rücken, was ihr kurvenreiches Profil zur Geltung brachte.
Hauptkommissar Schmidt grinste sie belustigt an, Edgar schluckte.
"Oah, wie süß, der Kleine wird rot", lachte Berta.
Sie kniff ihm in die Wange.
"Na na na, nur nicht schüchtern sein. Auf alten Schiffen lernt man segeln."
"Berta, der hat schon 'ne Freundin, die könnt glatt deine Tochta sein", unterbrach der Hauptkommissar sie.
"Hach ja, mein kleines Mädchen hat auch einen neuen Freund. Das muss einer von euren neuen Kollegen sein. Ein frisch gebackener, knackiger, strammer Kommissar sagt sie, ein echter Hengst soll das sein. Den würde ich mal zu gern näher kennen lernen."
Bei diesen Worten machte sie mit der Hand eine Geste, als zöge sie Edgar mit einer Kralle in ihre Richtung. Dessen Gesichtsfarbe war mittlerweile bei Zinnoberrot angekommen und er war bis auf die Knochen durchgeschwitzt. Er krallte sich, um die Ruhe zu bewahren, am Tresen fest, so dass seine Knöchel weiß hervortraten.
"So, jezze mal weita im Text. Würdeste uns bitte zu den Mitarbeiterakten führn"
"Ich soll euch in die finsteren und engen Gänge des Archivs einführen?"
"Nur die vom Archiv, bitte", konterte Schmidt.
Die Archivarin griff sich ein Klemmbrett und ging zügig los. Beim Laufen wackelte sie nicht mit ihrem Hinterteil, sie schwenkte es dermaßen verführerisch, dass Edgar, der direkt hinter ihr lief unwillkürlich an Lili denken musste.
"So, da sind wir", sagte sie plötzlich.
Sie dreht sich um und drückte sich mit dem Klemmbrett ihren Busen ein bisschen hoch und mit ihren Oberarmen zusammen, um ihr stoffarmes Dekolletee einladend zu präsentieren. Sie hatte auf dem Weg hierher einen weiteren Knopf ihrer Bluse geöffnet und zupfte sich am Rand ihrer weit offenstehenden Bluse.
"Puh, ist das hier so stickig, oder ist nur mir so heiß?"
Edgar hatte plötzlich das Gefühl, er müsste in einer Pfütze seines eigenen Schweißes stehen.
"Ich lass euch Männer dann mal alleine", sagte sie.
Sie drängelt sich in dem engen Gang an Edgar vorbei so dass ihr Busen seine Brust streifte. Edgar lief der Schweiß in Strömen herab.
Als sie an ihm vorbei war, gab sie ihm einem Klaps auf den Hintern und griff kurz zu: "Sei lieb zu meinem Töchterchen, sonst lernst du mich kennen! Schutztruppe hin, Schutztruppe her."
Hauptkommissar Schmidt grinste ihn süffisant an und musterte ihn von oben bis unten, verweilte mit seinem Blick auf seinem Hosenbein, dann hüstelte er künstlich. Edgar begriff nicht, was er wollte. Der Hauptkommissar deutete mit einem Nicken auf Edgars Oberschenkel. Dort hatte sich nahe der Hüfte ein dunkler Fleck gebildet.
"Wenn de willst, hab ick nachher im Büro ne frische Hose für dir."
"Danke", murmelte Edgar.
Hauptkommissar Schmidt öffnete die erste Schublade, und sie fingen an, nach den Unterlagen zu suchen.