Das Grauen der Tiefe: Kapitel XXXIV
09.09.2010 - 12:42 von Redaktion"Wie spät ist es eigentlich, Herr Schmidt?"
"Zu speet, wennde mir frachst."
Edgar guckte auf seine Armbanduhr und sprang erschrocken hoch: "Verdammt, ich wollte vor einer Stunde los!"
"Hä, wat? Wann de hier los kannst, bestimmt imma noch da Dientsplan."
"Wir hatten vor anderthalb Stunden Dienstschluss."
"Vadammt, warum hast du nüscht jesacht?"
Hauptkommissar Schmidt sprang ebenfalls auf und legte die Akte, die er gerade hatte, ordentlich auf den Tisch: "Los los los, ick will hier nich vasauan. Ick schätze, du willst ooch schnellstens los zu deinem Hasiputzi, oder nich?"
"Doch ja, aber ich muss mich vorher noch mal umkleiden."
Hauptkomissar Schmidt griff sich die Kanne mit dem mittlerweile kalten Kaffee und goß Edgar ein kräftigen Schwall über das Hosenbein.
"Spinnen Sie jetzt vollkommen, was soll der Mist? Ich habe jetzt noch ein Rendezvous und nun rieche ich wie eine Kaffeemaschine."
"Bürschchen, wat iss dir lieber? Dit de deener Süßen erklärst, dit dein vatrottelter kauziger Chef dir Kaffee übas Been jekippt hat oder das de beim Anblick der Titten ihrer Mutter jekommen bist?"
"Danke, Chef", sagte Edgar daraufhin und verließ eilig das Archiv.
Auf der Straße rief er sich ein Taxi und ließ sich zum Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain fahren.
Dort wartet Lili schon sehnsüchtig auf ihn. Sie trug einen Pettiecoat mit einen Ausschnitt, der tief blicken lies. Dazu Ballerinas mit Riemchen. Als sie Edgar sah, der gerade aus dem Taxi stieg, rannte sie mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu.
"Edgaaaaaaaar", rief sie dabei.
Als sie ihn erreichte, nahm er sie ihn in die Arme, hob sie hoch und drehte sich mit ihr um seine Achse. Nachdem er sie wieder abgesetzt hatte, küssten sie sich sich lange und intensiv.
Sie setzten sich auf eine der Parkbänke.
"Oh sieh nur, wie schön der Sonnenuntergang heute ist", sagte Lili und deutete auf die Sonne, die im Westen zwischen dem Prenzltower und der Greifwalder Straße unterging. Langsam wurde es kalt und Lili fing in ihrer leichten luftigen Kleidung ein bisschen zu zittern an. Edgar zog seine Jacke aus, legte sie ihr um die Schultern und nahm sie in den Arm. Sie schmiegte sich an ihn.
"Ich bin so froh, dass wir uns begegnet sind", sagte Edgar.
"Ja, was für ein glückliches Schicksal", seufzte Lili.
"Hattest du viele Frauen hatten vor mir?"
"Im Gegensatz zu dir waren das keine Frauen, sondern nur Gespielinnen, Betthäschen."
"Waren es viele?"
"Nein. Ich bin froh, dass du bei mir bist."
"Bei dir fühle ich mich sicher und geborgen. Selbst, wenn nächste Woche Berlin in Flammen aufgehen würde. Solange du bei bist, würde mich nur interessieren, dass es dir gut geht."
Lili stand auf und setzte sich rittlings auf Edgars Schoß. Plötzlich durchlief sie ein lustvoller Schauer. Und gleich darauf ein zweites Mal. Diesmal merkte sie, dass es von der Innenseite ihres Oberschenkels kam.
"Ohh Edgar, wie machst du das nur?", stöhnte sie erregt.
"Das mach ich nicht, das macht mein Funktelefon, das ist der Vibrationsalarm."
Lili erhob sich von Edgar. Dieser fummelte verärgert sein Handy aus der Hosentasche.
"Müller?", fragte er gereizt in das Handy.
"Nu mal nich so unjehobelt, Rambo junior. Hier spricht dein von dir platonisch heißjeliebter Chef, Hauptkommissar Schmidt. Steig mal von deinem Schnurtzel runter, zieh dir an und komm her. Wir haben nen Termin, und wenn de Neuberlin demnächst nich wieda von unten betrachten willst, sollteste dein Schäfastündchen vaschieben und deinen Astralkörper hier her verfrachten. Und zwar ZZ! Schmidt Ende!"
Der Hauptkommissar hatte aufgelegt.
Lili saß mit trauriger Miene neben Edgar: "Musst du weg?"
"Ja, Schatz, ich muss. Ich habe keine andere Wahl."
"Ich liebe dich, Edgar."
"Ich dich auch, mehr als alles andere auf der Welt."
Sie umarmten und küssten sich zum Abschied.
"Ich komme so schnell ich kann zu dir. Einverstanden?" fragte Edgar.
Lili lächelte: "Habe ich denn eine andere Wahl?"
"Nein, leider. Ich muss los, sonst macht man mir die Hölle heiß."
Edgar ließ sie los und machte sich auf den Weg zum Büro des Großkommandanten.