Kino ohne Talent
roman

Das Grauen der Tiefe: Kapitel XLVII

09.09.2010 - 12:42 von Redaktion

Edgar starrte mit offenem Mund von einem zum anderen.
"Wie bitte? Was? Ich verstehe die Welt nicht mehr. Waren sie es, Herr Hauptkommissar?"
"Oh Mann, Junge, du bist echt noch dümma, als ick jedacht hab. Der Großkommandant wars, du jeistiger Tieffliejar."
"Da muss ich dem Herrn Hauptkommissar recht geben. Sehr gute Arbeit, würden Sie meine Pläne nicht stören, dann würde ich sie sogar dafür belobigen."
"Ihre Pläne? Wat sind denn ihre Pläne? Dit iss nämlich dit Detail, dit mir noch fehlt."
"Na, welche Pläne wohl, Herr Schmidt? Ich will der Präsident von Berlin werden."
Jetzt schaltete sich Edgar wieder ein: "Aber … Sie sind doch schon der Polizeipräsident."
"Stimmt, Ede, aber ich will DER Präsident werden."
"Joh, aba dafür müssn sen Mitglied inna Partei sein Ooch wenn manche dit anzweifeln, leb'n wa immer noch inna Demokratie", sagte Hauptkommissar Schmidt.
"Nicht mehr lange, Herr Schmidt, nicht mehr lange."
"Wenn da Senat erst ma mitbekommt, wat hier so looft, dann setzn die sie janz schnell an de frische Luft."
"Aha, meinen sie?"
"Jopp, dit mein' icke. Ick wees ja nicht, wo Sie mittlerweile so jeistig rumschweben, aba so einfach werdn die Ihnen dit nich machen."
"Was denken Sie, warum ich diese ganze Mordserie inszeniert habe?"
"Keene Ahnung, dit hab ick sie ja vorhin schon jefraacht, aber da sind se mir ja wien richtiga Politika im Wahlkampf ausjewichen."
"Ganz einfach, ich arbeite mit den altbewährten Mitteln, Angst und Terror."
"Wat wolln se mit Angst und Terror erreichen?"
"Das ich den Notstand ausrufen, das Kriegsrecht verhängen und mich dann aller lästigen und störenden Subjekte entledigen kann, bis ich Präsident von Berlin bin."
"So ne Art versteckter Putsch? Da hat die Bundesregierung aba ooch noch nen Wörtchen mitzureden."
"Nein, das ist ja das Geniale daran. Alle Todesopfer sind Mordopfer. Und die, die jetzt sterben, werden in Folge der Ausschreitungen durch die Katakombenkrüppel sterben. Das ist Ländersache und sofern ich nicht Hilfe von Außen anfordere, was ich tunlichst vermeiden werde, wird sich auch niemand darum scheren, was hier vor sich geht. Durch die Morde an den Abgeordneten habe ich die Angst vor den Alternativen geschürt sodass ich die Überwachung ausbauen kann. Und jetzt durch den Angriff der Katakombenkrüppel kann ich die Schutztruppe schamlos hochrüsten. Und da die Katakombenkrüppel ohne Hilfe nicht ausbrechen können, müssen sie ja hier oben Hilfe haben, so dass ich auch diese Subjekte ausschalten muss. Es könnte praktisch jeder sein."
"So dasse jeden, der ihnen in de Quere kommt, einfach als Kriminellen beschuldijen und verknacken lassen könn."
"Sie haben es erfasst, Hauptkommissar."
"Dit haben se aber bei der Heilijen Römischen Inquisition jeklaut."
"Wenn es funktioniert, warum sollte ich es lassen?"
"Weils illejal iss."
"Ha ha ha, zeigen Sie mich doch an."
In diesem Moment klopfte es an der Tür und ein junger Angestellter betrat den Raum: "Herr Großkommandant, melde gehorsamst, dass ein unbekanntes, gepanzertes und schwer bewaffnetes Fahrzeug vor ungefähr drei Stunden Tor II durchbrochen und die Besatzung vernichtet hat. Es wurde vor anderthalb Stunden gesichtet, als es den Tierpark verwüstete und vor einer Stunde ein Kino in Prenzlauer Berg zerstörte und 15 Minuten später das Naturkundemuseum durchbrach. Derzeit scheint es die Polizeikaserne in Tempelhof zum Ziel zu haben."
"Woher wollen Sie das wissen?"
"Es hält direkt darauf zu."
"Danke, wegtreten."
"Kommen wir also zum letzten Teil meines Plans. Die Ausrufung des Notstandes wird nur noch eine Frage von ein paar Stunden sein", sagte der Großkommandant, nach dem sie wieder alleine im Raum waren.
"Aha, und wat sollte mir davon abhalten, Ihnen die Suppe zu vasalzen?"
"Eine gute und berechtigte Frage, Herr Schmidt. Wie wäre es mit ihrem vorzeitigen Ableben?"
Er zog eine Pistole mit Schalldämpfer aus seinem Mantel und richtete sie auf Hauptkommissar Schmidt, dessen Miene sich verfinsterte.
"Natürlich in vollendeter Pflichterfüllung, im Angesicht des Feindes heldenhaft gefallen, für Sicherheit und Ordnung."
"Aha, und wie hab ick mir dit vorzustellen?"
"An dieser Stelle werde ich mich an Ihren Kollegen, Herrn Müller, wenden."
Zu Edgar sagte er: "Kommissar Müller, ich hatte Ihnen gegenüber ja schon einmal angedeutet, dass es mich freuen würde, Sie auf dem Posten des Hauptkommissars des Morddezernats zu sehen. Jetzt haben sie Möglichkeit, aktiv an ihrer Beförderung mitzuwirken. Das einzige was sie tun müssen, ist dafür zu sorgen, dass der Posten des Hauptkommissars frei wird."
"Aha, und wie?"
"Ich habe gehört, dass der Hauptkommissar morgen früh in der Schneise der Verwüstung, die das unbekannte Panzerfahrzeug hinterlassen hat, tot aufgefunden wird."
"Ah, ich verstehe, Herr Großkommandant. Ich werden ihn durch die Verbindungstüren bis zum anderen Ende des Flurs schaffen und dann durch den Hintereingang nach draußen."
"Sehr gut! Vor morgen früh darf niemand etwas mitbekommen."
Es klopfte wieder an der Tür, der Großkommandant verbarg seine Pistole, immer noch auf den Hauptkommissar gerichtet, in der Manteltasche.
Diesmal trat der persönliche Assistent des Großkommandanten ein: "Herr Großkommandant, der Senat wünscht Sie umgehend zu sprechen. Es geht um die Terroranschläge, die heute vorgefallen sind."
"Ja, ich komme sofort."
Zu den beiden anderen sagte er: "Sie sehen, meine Herren, ich bin ein viel gefragter Mann. Ich empfehle mich."
Er verließ das Zimmer.
Während der Verabschiedung hatte Edgar seine Pistole gezogen und auf Hauptkommissar Schmidt gerichtet: "Legen sie bitte Ihre Waffe langsam und vorsichtig auf den Schreibtisch, heben Sie dann die Hände so, dass ich sie sehen kann, und treten Sie dann drei Schritte zurück."
Hauptkommissar Schmidt tat wie ihm befohlen: "Ick hab jedacht, dass du nen Depp bist, aber dass du dazu ooch noch nen charakterloses Arschloch bist, dit hab ick nich jewusst. Die arme Lili."
"Lassen sie Lili da raus. Sie hat damit nichts zu tun."
"Mit sowat wie dir sollte se besser nüscht zu tun haben. Von mir aus nen rammelnden und stammelnden Vollidioten, aber nich sowat hinterfotziges wie dir."
"Seien sie ruhig, sonst …"
"Sonst wat? Willste mir umbringen?"
"Erst wenn Sie da sind, wo sie sterben sollen. Aber wenn Sie Ärger machen, könnte es passieren, dass in der Pathologie demnächst die Stelle der Chef-Pathologin neu zu besetzen ist."
Hauptkommissar Schmidt war sprachlos vor Wut.
Edgar hatte sich inzwischen auch Schmidts Pistole genommen und richtete nun beide auf ihn. "Würden Sie bitte die Tür zum nächsten Zimmer öffnen und durchschreiten? Danke."